Mittwoch, 12. September 2012

Wunschlos glücklich

Gelegentlich wache ich immer noch mit dem Empfinden auf etwas tun zu müssen. Aber für einen Erlösten gibt es ja nichts mehr zu tun. Ein Erlöster ist frei von allem "Müssen". Nun, gestern dachte ich noch, dass ich mich heute früh gleich daran setzen werden, etwas zu tun, wozu ich gestern noch Lust verspürte. Aber nach Beendigung des Frühstücks war ich in so einer zufriedenen Stimmung. dass mir mein Vorhaben nicht länger als erstrebenswert galt. Wenigstens für jetzt nicht. Ich war wunschlos glücklich. Wozu also etwas tun? Hatte nicht jedes Tun einzig und allein den Zweck, Glück zu verschaffen? Auch wenn das nicht das vordergründige Motiv ist? Wunschlos glücklich - das ist das wahre Glück. Sei in ihm! Genieße diesen Zustand!
Ich lief also im Zimmer meine Runden, gelegentlich eine Melodie vor mich her dudelnd...
Nun, diese stille, friedvolle Stimmung ließ nach. Deshalb sitze ich jetzt hier und schreibe darüber. Gewiss, sie ist noch nicht ganz, wie ein schöner Vogel, entflogen. Aber eben doch nicht mehr so kräftig.
Das Glücksgefühl ist immer nur vollkommen, wenn es frei von Wünschen ist. Deshalb sagt man ja auch, man sei "wunschlos glücklich", denn ein Glück, wo noch Wünsche vorhanden sind, kann nicht völlig sein. Das Empfinden eines Wunsches zeigt doch immer das Vorhandensein eines Mangels an.
Nun geht mein Bestreben dahin, das Glück zu einem sich stets selbst erneuenden Zustand zu machen. Das ist - eigentlich bereits aus dem Gesagten ableitbar - nur möglich, wenn man alle Wünsche aufgibt. Die Vielfalt der Wünsche entstand ja aus dem existentiellen Mangel, der mit dem sogenannten Sündenfall entstanden ist. Wird dieser existentielle Mangel durch die neue Identität mit dem Ewigen aufgehoben, sind im Ewigen alle Wünsche erfüllt. Die vielen Einzelwünsche sind  da nicht länger notwendig. Wozu weiter Umwege gehen, wenn ich doch augenblicklich Erfüllung haben kann? Wozu noch länger nach äußerer Wunscherfüllung streben, da diese doch oft durch die Umstände vereitelt wird? - Aber es ist ja so, die Wünsche sind noch aus der Vergangenheit da. Und durch unser Leben in der Vielfalt, die uns umgibt, werden sie auch immer wieder angeregt. Das macht es schwer dem Streben nach äußerem Glück nicht nachzugeben. Zumal ja die Seele immer nach Bestätigung verlangt, d.h. sie akzeptiert nur die bereits gemachten Erfahrungen. Nur wenn ich das Glück im Ewigen bereits erfahren habe, verlangt es sie danach es da wieder zu erfahren. Sie will immer nur das Glück, dass sie bereits gemacht hatte, wiedererlangen. Dabei ist es ihr egal, was der Auslöser des Glückes war. Hier haben wir auch den Grund für jegliche Sucht zu suchen.
So versteht man sicher auch, weshalb es nicht leicht ist, nun dort das Glück zu finden, wo man es überhaupt noch nicht, oder nicht zu oft, oder nicht besonders intensiv erfahren hat.
Nicht umsonst schreibt deshalb der Apostel Paulus: "Bewirkt eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern" (Phil. 2,12), d.h. mit aller Energie und Aufmerksamkeit.
Zu Hilfe kommt freilich die Einsicht, dass Gefühle nur durch Wertungen geschehen (s. hier auch meine Geschichte, die auf persönlichem Erleben beruht, "Vom Tod zum Leben" ). Nur das, was man positiv wertet, wird man auch positiv empfinden. Das was man negativ wertet, auch negativ empfinden.
Geschahen von Geburt an, die Wertungen meist unbewusst, oft einfach indem man sah, dass anderen etwas Freude machte oder Leid brachte - so kann man nun bewusst nach der höheren Vernunft werten.
Wer also allezeit glücklich sein will, kann sein Glück nicht vom Äußeren abhängig machen, sondern nur vom Ewigen. Wer das weiß, wird trainiert darauf, es da zu erleben.

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